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Hilfe für suchtkranke Eltern

Ausgabe Nr. 125
Nov. 2019
Betroffene einbeziehen

Sucht. Dank der Internetseite www.elternundsucht.ch sollen suchtkranke Eltern und ihre Familien die Suchter­krankung mit ihren Auswirkungen besser verstehen, von Erfahrungen anderer profitieren und Unterstützung holen. Damit ­­das gelingt, haben insgesamt neun Betroffene bei der Erarbeitung mitgeholfen.

«Sind Sie Vater oder Mutter und haben ein Problem mit Alkohol oder anderen Drogen? Oder hat Ihr (Ex-)Partner oder Ihre (Ex-)Partnerin ein Suchtproblem?» So begrüsst die Stiftung Sucht Schweiz die Besucher der Website elternundsucht.ch. Mit finanzieller Unterstützung des Alkoholpräventionsfonds hat sie die Website 2015 ins Leben gerufen und damit ein doppeltes gesellschaftliches Tabu angesprochen: Sich eine Sucht einzugestehen, ist schwierig. Noch schwieriger ist es, zuzugeben, dass man nicht nur sich, sondern auch seinen Kindern schadet. Von Suchtproblemen in der Familie soll in der Regel niemand erfahren, auch aus Angst, das Sorgerecht zu gefährden. Doch eine Sucht prägt den Familienalltag – Kinder leiden unter der unberechenbaren Atmosphäre zu Hause. Mit einer Internetseite wollte Sucht Schweiz ein einfach und schnell erreichbares Hilfsangebot bereitstellen. Damit die Stiftung das sensible Thema richtig anspricht und das Angebot den suchtbelasteten Familien auch wirklich hilft, hat sie die Website gemeinsam mit suchtkranken Eltern erarbeitet.

In der Sprache der Zielgruppe
Patientinnen und Patienten von Fachpersonen aus dem Netzwerk von Sucht Schweiz haben bei der Erarbeitung eine wichtige Rolle gespielt. In Fokusgruppen und Einzelgesprächen versuchten sie gemeinsam herauszufinden, was die Wünsche der Betroffenen sind und welche Themen auf die Website gehören. Suchtkranke Eltern wollen trotz ihrer Sucht gute Väter und Mütter sein. Die Internetseite beantwortet daher nun Fragen wie «Wie erlebt mein Kind diese Situation?», und weist auf Hilfsangebote hin. Tipps verraten, wie die Eltern ihre Sucht mit dem Kind ansprechen können. Berichte anderer Betroffener sollen gegen die Isolation der Väter und Mütter helfen.

«Sehr wertvoll war die Sicht der Betroffenen bei der Rubrik ‹Was kann ich für mich machen?›», erinnert sich Nadia Rimann aus dem Projektteam von Sucht Schweiz. «Wir hatten im Sinn, Tätigkeiten wie Sport oder Kinobesuche vorzuschlagen – alles unpassend für die Situation suchtkranker Eltern.» Die Betroffenen hätten sie auf den Boden der Realität geholt. Heute finden sich in der Rubrik Tipps, einfachste alltägliche Dinge wieder aufzunehmen, wie essen, Zähne putzen oder duschen. Oder einfach mal rauszugehen und durchzuatmen.

Mitarbeit darf kein ­Stressfaktor sein
Die Arbeit mit den Betroffenen hat Rimann in positiver Erinnerung. «Wichtig war, dass die Betroffenen von Fachpersonen und Therapeuten begleitet wurden – Sensibilität war gefragt», erzählt sie. Betroffene dürfen bei solchen Projekten nicht überfordert und nicht unter Zeitdruck gesetzt werden. Die Mitarbeit darf kein Stressfaktor sein. Die Treffen und die ganze Zusammenarbeit müssen gut vor- und nachbereitet werden – beispielsweise mit Leitfäden für Gespräche. Auf das Resultat der Zusammenarbeit ist Nadia ­Rimann stolz: «Die Website ist einzigartig und wird rege genutzt – selbst im Ausland.»

Kontakt

Barbara Christen
Sektion Gesundheitsförderung und Prävention


Nadia Rimann
stellvertretende Leiterin Prävention­

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